
Jeden Freitag von 09:00 bis 12:00 Uhr habe ich einen Blocker im Kalender. Er heißt „Content vorbereiten“. Der Plan: In dieser Zeit setze ich mich hin und bereite Content für die Unternehmenskanäle vor (LinkedIn, Instagram). Übrigens nicht für dieses Blog und auch nicht den zugehörigen Instagram-Account – da bin ich nicht so organisiert, das kommt eher spontan, wie es gerade passt.
Wie dem auch sei, ich glaube, ich habe diesen Blocker im letzten halben Jahr vielleicht zweimal eingehalten. Wenn überhaupt. Warum? Weil ich mich nicht so gerne einschränken lasse. Ich weiß, dass Multitasking eine Lüge ist, und ich weiß auch, dass es hilfreich ist, fokussiert an einem Thema zu arbeiten, bevor man ein anderes anfängt. Aber ganz ehrlich: Woher soll ich denn heute wissen, was ich am Freitag um 09:00 Uhr tun möchte? Ich bin ja auch selbstständig, um eine gewisse Freiheit in meiner Alltagsorganisation zu haben. Trotzdem gibt es Dinge, die erledigt werden müssen, und deshalb habe ich es in der Vergangenheit mit Time Blocking bzw. festen Kalendereinträgen versucht. Hat für mich einfach nicht funktioniert. Ich funktioniere da anders und möchte meinem Flow folgen. Ein ADHS-Ding? Vielleicht. Vielleicht bin ich aber auch einfach zu spontan und freiheitsliebend. Ist ja auch egal. Klar ist: Funktioniert so nicht und ich vergesse manchmal dann Dinge bzw. bin nicht so produktiv wie ich gerne wäre.
Warum Zeitkontingente?
Also musste etwas anderes her: Zeitkontingente. Flexibel und doch verbindlich. Ich setze mich am Wochenende hin und plane meine Woche – nicht nach festen Uhrzeiten, sondern nach Kategorien. Ich habe verschiedene Zeitkontingente, die ich über die Woche verteile: Termine, Arbeit generell, Marketing, das Pony, Uni, Balance. Und ich rechne im Schnitt mit maximal zehn Stunden pro Tag, die ich verplanen möchte. Das gibt mir insgesamt genug Sicherheit zu wissen, dass ich produktiv genug bin (was auch immer das ist) und ich gleichzeitig spontan sein kann.
Die Zeiten für feste Termine stehen natürlich schon im Kalender. Aber für alle anderen Bereiche entscheide ich mich spontan im Laufe der Woche. Vielleicht habe ich am Dienstag plötzlich richtig Lust, mich um Marketingkram zu kümmern – dann nehme ich mir die Zeit dafür. Oder ich merke am Donnerstag, dass ich einfach mal eine Pause brauche. Dann wird das Balance-Kontingent gefüllt. In die Kategorie Balance fällt für mich übrigens eine riesige Summe an Dingen: Journaling, Lesen, Spazieren gehen, etc. -- alles, was irgendwie Ruhe ausstrahlt und meinen Kopf sortiert.
So funktioniert das bei mir
Was bedeutet das konkret? Ich lege am Wochenende für jede Kategorie ein Wochenkontingent fest. Zum Beispiel:
- Termine: 20 Stunden
- Arbeit generell: 15 Stunden
- Marketing: 8 Stunden
- Uni: 6 Stunden
- Pony: 7 Stunden
- Balance (Zeit für mich): 5 Stunden
Innerhalb der Woche fülle ich diese Kontingente dann flexibel. Wenn ich merke, dass ich an einem Tag produktiv bin, kann ich das Arbeitspensum erhöhen. An Tagen, an denen mir der Kopf nicht nach Marketing steht, lasse ich diese Zeit erstmal ungenutzt und lese vielleicht mehr. Mein Ziel ist durchaus, dass ich realistisch plane. Das heißt: Ich will am Ende der Woche kein Budget überziehen und auch keine "Reste" lassen. Klappt nicht immer, wenn nicht, ist dies aber auch ein guter Reflexionanlass.
Insgesamt kann es schon mal sein, dass ich an einem Tag 12 Stunden Zeitkontingent aus verschiedenen Kategorien aufbrauche, aber diese Stunden sind dann eben an einem anderen Tag "frei". Immerhin gibt's doch mehr Dinge als meine Kategorien, sei es Haushalt oder soziale Interaktion mit Menschen :) Ich will jetzt aber auch nicht alles was ich tue in diese Kategorien pressen.
Die Zeitkontingente geben mir Freiheit an Tagen ohne Termine spontan zu fühlen und zu entscheiden. Ich habe so die Chance auch mal einem Hyperfokus nachzugeben (denn zu keinem anderen Zeitpunkt bin ich so produktiv) und gleichzeitig relativ gut zu wissen: Das passt in die Gesamtwoche. Ich werde alles andere auch noch schaffen.
Diese Balance zwischen Struktur und Flexibilität brauche ich, um nicht in starren Plänen festzustecken, die ich dann doch nicht umsetze und trotzdem bleibe ich fokussiert. So habe ich genug Raum, mich spontan auf Themen einzulassen, ohne das Gefühl zu haben, dass eben etwas hintenüber fällt.
Und was ich dabei lerne: Es ist okay, wenn nicht jeder Plan aufgeht. Solange ich meine Wochenziele erreiche und die wichtigen Aufgaben erledige, darf es auch mal Tage geben, an denen ich meinen Kalender einfach ignoriere (also Kund:innentermine sind natürlich nicht ignorierbar, hehe).
In der Praxis
Wie gesagt: Ich setze mich am Wochenende hin und anhand meiner Termine (beruflich und privat) plane ich meine Zeitkontingente. Ich nutze hierfür meine Wochenübersicht im Bullet Journal. Während der Woche und der Tätigkeiten male ich dann für jede "erledigte Stunde" ein Kästchen der entsprechenden Kategorie aus. So sehe ich ziemlich gut, wie es um die jeweiligen Kontingente steht, also wie viel ich davon schon aufgebraucht habe und welche Möglichkeiten ich noch habe. Mir hilft das unheimlich dabei, zu merken, dass ich Dinge tue, die in meine Kategorien fallen (und die habe ich so gewählt, weil das eben wichtige Dinge für mich sind) und auch um zu mir selbst sagen zu können: Du machst genug. Ich bin nämlich nicht so gut darin mir das selbst zu sagen.
Der Nachteil an meiner Wochenplanung ist, dass ich halt, wenn ich z.B. 8 Stunden für Marketing geplant und diese schon genutzt habe, plötzlich unflexibel werde. Bin ich dann spontan im Flow habe ich eine Art Problem. Bisher habe ich das ganz pragmatisch für mich gelöst: Ich habe geschaut an welchen Stellen, ich noch "Zeitbudget" übrig habe und dann eine Prioritätenabwägung gemacht. Habe ich festgestellt, dass die "generellen Arbeitstätigkeiten" unwichtiger sind, kann ich mein Budget einfach dahin buchen und stattdessen Marketing machen. Habe ich festgestellt, dass ich in den anderen Kategorien echt wichtige Themen habe, ja dann muss ich halt in den sauren Apfel beißen.
Entscheide ich mich dafür die Umbuchung zu nutzen, weil das okay ist, muss ich das in der kommenden Wochenplanung natürlich berücksichtigen -- ich habe da dann also weniger Zeit für die Sachen, die ich schon überbucht habe. Ist das irgendwie verständlich? Ich hoffe.
Nun denn, für diejenigen, die immer wieder gesagt kriegen "Time Blocking ist voll der Gamechanger" und bei euch klappt's einfach nicht. Vielleicht sind Zeitkontingente auch eine Antwort für euch. Für mich funktioniert das bisher auf jeden Fall ziemlich gut.