Einmal im Jahr...

wechsel ich den Job

Genau genommen, wechsle ich sogar zweimal im Jahr den Job. Aber das eine Mal werde ich dafür bezahlt, das andere mal nicht. Jetzt aber erstmal die Background-Story:

Es begab sich vor 21 Jahren, dass ich über Zufälle in die ehrenamtliche Organisation eines Umsonst & Draußen Festivals reingeriet (diese Geschichte hier zu erzählen, würde den Rahmen sprengen). Über die Jahre habe ich dort mehrere Bereiche kennengelernt, war sehr tief in die Gesamtorganisation involviert. Ein Mensch, den ich auch über diesen Kontext kennenlernte, wurde genau so wie ich, über die Jahre älter und ergriff einen Job. Wie der Zufall so wollte, landete er im Bereich Eventmanagement und Organisation von Großveranstaltungen. Eines Tages, ich hatte mich relativ frisch selbstständig gemacht, rief er an und sagte: "Jule, du kannst sowas doch eigentlich durchs Ehrenamt. Ich brauche da wen, auf einem Festival. Die ganze Woche." Mein Kalender war noch verhältnismäßig leer, weil so viel einfach noch nicht war und das Festival dazu noch in die Sommerferienzeit, den Juli, fiel. Nagut, dachte ich. Ja, sagte ich. Und so begann diese Geschichte.

Ich bin es, aus meinem Ehrenamt, aber auch aus meinem Vollzeitjob durchaus gewohnt unter einem bestimmten Stress zu arbeiten und zu entscheiden. Während die Sicherheitsfragen auf einem Festival durchaus schwerwiegende Folgen haben, hält sich die Entscheidung, ob ich nun als nächstes Frage a oder Frage b im Workshop stelle, in Grenzen. Trotzdem sehe ich durchaus ein paar Parallelen in der Haltung, im Umgang mit Situationen und in den Prozessen. Dafür aber erstmal eine Übersicht, was ich da eigentlich so mache:

Ich übernehme offizielle die Disposition. In konkreten Aufgaben heißt das offiziell:

  • Materialhexe: Funkgeräte, In-Ears, sog. Rasierer, Akkus, Westen – in meinem Container finden sich Boxen für alle unterschiedlichen Sicherheitsbereiche des Festival. Abgezählt und vorsortiert, gegen Quittung wird's an die jeweiligen Bereichsleitungen übergeben.
  • Excelqueen: Ich dokumentiere Stunden und Schichten, vor allem die Änderungen - die gibt's nämlich immer ohne Ende (Details im nächsten Punkt), damit am Ende alle ihr wohlverdientes Geld bekommen.
  • Problemlöserin: Krankheitsausfälle, eingeschlafene Nachtwachen, Menschen die betrunken zu Schichten erscheinen (ja, all solche Dinge können durchaus passieren) müssen irgendwie ersetzt werden. Das heißt: Ich schaue, ob ich irgendwo noch Menschen auftreiben kann, sei es, dass jemand unbedingt mehr arbeiten will oder doch noch irgendwo Reserven schlummern - ich krieg's hin. Auch ein unvorhergesehener Menschenandrang in bestimmten Bereichen sorgt für eines: Arbeit für mich. Da müssen wir dann ggf. auch Sicherheitsmenschen nach besetzen.
  • Tippetippguru: Ich erstelle Listen, Tabellen und alles, was Behörden brauchen. Meist spontan, weil Anforderungen sich immer mal wieder ändern und Situationen auftreten, die niemand hat kommen sehen.

Während die offizielle Aufgabenliste damit abgeschlossen ist, habe ich noch zusätzliche Aufgaben, die sich einfach so ergeben, weil ich nun einmal da bin:

  • Ansprechpartnerin für alles: Von „Wo kriege ich was zu Essen und zu Trinken?“ bis hin zu „Wo ist meine Position und was ist meine Aufgabe?“ – ich bin eine wandelnde Infozentrale.
  • Konfliktlöserin: Streit um Campingplätze oder zu laute Musik auf dem Crewcamping-Platz? Im Zweifel sorge ich für Ruhe und Frieden, weil die Beschwerden sowieso bei mir auflaufen.

Wie das ganze so abläuft: Ich sitze in einem Container, genau genommen ist es ein Doppelcontainer, also zwei (wär auch sonst echt eng). Ich habe Tische, Stühle, Rechner, Drucker, jede Menge Büromaterial und natürlich das Material wie Funkgeräte und Westen. Der Tag im Container (wir nennen es auch liebevoll "Käfighaltung") startet gegen 07.00 Uhr, Frühstück gibt's am Schreibtisch, dann wird abgearbeitet, was über die Nacht so auf dem Platz gewesen ist: Wer wurde umgestellt? Welche Positionen haben sich verändert? Welche Stunden muss ich wo und wie für wen dokumentieren? Zwischendurch treten sicherlich direkt wieder ein paar ungeplante Probleme auf, wobei der Vormittag meist ruhig verläuft. Das ist auch gut so, weil wenig Schlaf zeigt sich irgendwann in der Konzentrationsfähigkeit. Irgendwann gibt es Mittag - meist eine beliebige Pampe. In diesem Jahr soll es einen neuen Caterer geben und ich hoffe wirklich sehr, dass sich da was tut. Ich bin nicht anspruchsvoll, kann euch aber sagen, dass mich Nudeln mit Mango-Sauce letztes Jahr so sehr an meine Grenzen brachten, das ich weinen musste (nun ja, war auch Tag 7 und vielleicht war ich zusätzlich übermüdet). Nachdem Mittagessen geht meistens einigermaßen der Trubel los. Irgendwas ist, irgendwas passiert. Das Telefon klingelt oder ich rufe Menschen an, ich laufe durch die Gegend, ich priorisiere Todos und trage meine lustigen Infos in Exceltabellen ein. Und irgendwie ist dann auch schon wieder Abend. Der Containertag endet in der Regel zwischen 22-23 Uhr. Zumindest versuchen wir das, weil wir ja um 7 Uhr schon wieder da sein müssen und so ein bisschen Schlaf ist dem Gemüt zuträglich.

Ich bin in meiner Käfighaltung übrigens nicht allein. All das da oben machen wir zu zweit. Das ist auch gut so, weil es a) alleine nicht zu schaffen wäre, b) es im Container sonst auch langweilig werden kann und c) bei komplexen Gemengelagen hilft ein zweites Gehirn.

Ich und alle anderen aus der Orga-Crew schlafen übrigens nicht im Zelt. Wir haben eine Unterkunft in der Nähe. Kein Luxus, aber ein Mehrbettzimmer und Duschen!

So nun also: Macht euch nächste Woche bei @diecoachingjule auf verschiedensten Content aus der Festivalwelt gefasst. Ich plane euch morgens, mittags (daily Mittagessenbilder sind garantiert!) und abends mit (möglicherweise witzigen) Facts zu versorgen und wer von Tag 1 bis Tag 7 am Start wird sehen können, wie sich meine Augenringe vergrößern.

Nachbericht, Reflexion was das Ganze so mit Agilität zu tun und so kommt auch.